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Rechtliche Hintergründe der Ausfallgebühr

Sehr geehrte Patienten,

Die Praxis Auszeit, ebenso wie andere vergleichbare Behandlungseinrichtungen, berechnet seinen Patienten gemäß gängiger Praxis den kassenüblichen Satz, falls diese ihre Behandlungstermine nicht wahrnehmen oder nicht rechtzeitig (mindestens 24 Stunden vor dem Behandlungstermin) absagen. Obwohl diese Vorgehensweise üblich ist, stieß sie bereits mehrfach auf Unverständnis und Ablehnung seitens der Betroffenen. Aus diesem Grund möchten wir an dieser Stelle den Grund für diese Maßnahme sowie die rechtliche Grundlage näher erläutern.

Sobald ein Patient in unserer Praxis einen Behandlungstermin vereinbart, entsteht ein Behandlungsvertrag in Form eines Dienstvertrages gemäß den §§ 611 ff BGB zwischen der Praxis und dem betreffenden Patienten. Der Patient stellt der Praxis ein Angebot zum Vertragsschluss dar, indem er um die Vereinbarung eines Termins bittet. Dieses Angebot wird durch die Festlegung eines konkreten Termins seitens der Praxis stillschweigend angenommen. Dadurch kommt ein wirksamer Dienstvertrag gemäß § 611 BGB zustande, ohne dass eine spezielle Form (z. B. Schriftform) erforderlich ist. Der Vertrag kann auch telefonisch abgeschlossen werden.

Gemäß dem wirksam geschlossenen Vertrag ist die Praxis verpflichtet, dem Patienten die für die Behandlung benötigten Räumlichkeiten, Materialien und Therapeuten bereitzustellen. Zusätzlich muss ausreichend Zeit für die Behandlung reserviert werden. Im Gegenzug erhält die Praxis die vereinbarte Vergütung für die erbrachte Leistung.


Der Patient hat vertraglich das Recht, die Behandlung von der Praxis einzufordern. Er ist jedoch auch verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen. Bei gesetzlich Versicherten wird der Vergütungsanspruch vom Versicherer erstattet, sofern der Patient ein gültiges Rezept vorlegt.


Wenn der Patient, unabhängig aus welchem Grund,  den vereinbarten Behandlungstermin nicht wahrnimmt, liegt gemäß dem Gesetz ein Annahmeverzug des Gläubigers (in diesem Fall des Patienten) vor. Die Regelung für den Vergütungsanspruch in diesem Fall ist im § 615 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt.
Gemäß § 615 Satz 1 BGB ist die Praxis, bezogen auf den versäumten Behandlungstermin, von ihrer Pflicht zur Behandlung befreit, behält jedoch ihren Vergütungsanspruch gemäß dieser gesetzlichen Regelung.


Der Inhalt dieses Paragraphen lautet:
„Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.“

Der Grundgedanke des Gesetzes liegt darin, dass der Dienstleister im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit auf den Vergütungsanspruch angewiesen ist. Er stellt Zeit, Personal, Räumlichkeiten und Behandlungsmaterialien zur Verfügung, wofür er kostenintensive Dispositionen treffen muss. Daher soll der Dienstleister seinen Vergütungsanspruch nicht aufgrund von Vorkommnissen verlieren, die im Risikobereich des Dienstberechtigten liegen, wie beispielsweise dem Verpassen des Behandlungstermins durch den Patienten.

Der Vergütungsanspruch bleibt daher unabhängig davon bestehen, ob der Patient schuldlos an der Wahrnehmung des Termins gehindert war, oder ob ein schuldhaftes Verhalten zu Grunde lag.

Aus den oben genannten Ausführungen ergibt sich, dass der Vergütungsanspruch für einen vereinbarten Behandlungstermin grundsätzlich bestehen bleibt, auch wenn dieser nicht wahrgenommen oder abgesagt wird, gemäß § 615 Satz 2 BGB. Gemäß dieser Regelung sind wir jedoch verpflichtet, das durch die Nichtwahrnehmung des Behandlungstermins freiwerdende Behandlungspotenzial anderweitig zu nutzen und den Termin möglichst mit anderen Patienten zu belegen.


Wenn es uns gelingt, den Termin mit anderen Patienten zu belegen, wird der Vergütungsanspruch gegen den säumigen Patienten nicht geltend gemacht. Darüber hinaus sehen wir von der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs generell ab, wenn der Behandlungstermin 24 Stunden vorher abgesagt wird.
Auf der anderen Seite müssen wir den Vergütungsanspruch immer dann geltend machen, wenn der Patient ohne Rücksprache einfach nicht zum Behandlungstermin erscheint und wir den Termin nicht anderweitig vergeben können.

Wenn der Termin zwar abgesagt wird, dies jedoch nicht 24 Stunden vorher geschieht, bemühen wir uns, den Termin an andere Patienten zu vergeben. Falls uns dies nicht gelingt, müssen wir den Vergütungsanspruch auch in diesem Fall geltend machen.


Wir danken für Ihr Verständis.

Quellen:

  1. Amtsgericht Ludwigsburg 2003, AZ: 8C2330/03

  2. Amtsgericht Burgwedel 2016, AZ: 7C360/16

  3. BGB § 293 – Annnahmeverzug

  4. BGB § 296 – Entbehrlichkeit des Angebots

  5. BGB § 611 – Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag

  6. BGB § 615 – Vergütung beim Annnahmeverzug und bei Betriebsrisiko

  7. Die Welt 17.03.2013 – Diese Kosten drohen bei Terminabsagen